Ein Aspekt, über den ich wirklich überhaupt nicht nachgedacht habe, ist, dass wir hier in Australien plötzlich Ausländer sind. Zwar haben wir unser Visum bis 30 November 2023 (Disclaimer an unsere Mamas: Solange bleiben wir natürlich nicht!), allerdings qualifiziert uns das nicht als “Australian citizens” oder “Permanent residents”.
Wenn ich ehrlich bin, ist mir das am Anfang auch gar nicht aufgefallen. Ob an der Supermarktkasse, beim Beratungsgespräch in der Bank oder beim Training im Fitnessstudio waren eigentlich eher alle interessiert, woher wir kommen und was wir hier machen und fanden das cool. Es wurde keinerlei Unterschied gemacht.
Da ich nun seit ein paar Wochen Bewerbungen schreibe, hat sich meine Sicht jedoch etwas geändert und so langsam wird mir klar: Ich bin hier Ausländerin. Bei vielen Stellenausschreibungen wird explizit direkt darauf hingewiesen, dass man sich gar nicht erst die Mühe machen muss, sich zu bewerben, wenn man nicht besagter Australian citizen (Australischer Staatsbürger) oder Permanent resident (Bürger mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht) ist. Erst dachte ich, das betrifft hauptsächlich die Stellen, die in irgendeiner Form mit dem australischen Staat zu tun haben. Inzwischen habe ich allerdings merken müssen, dass auch “normale” Unternehmen einen Unterschied machen. So muss im Onlineportal zur Bewerbung fast immer der Visumstyp angegeben oder die Frage nach Australier ja/nein beantwortet werden. Gesagt, getan. Und zack ist man auch schon am Ende seiner Bewerbung angekommen, noch bevor man Lebenslauf oder Anschreiben hochladen konnte. Man wird direkt aussortiert.
Insgesamt keine ganz so einfache Situation. Ich war noch nie Ausländerin. Und für eine Stelle nicht in Betracht gezogen zu werden, schlichtweg deshalb, weil man Ausländer ist, ist hart. Das ist nicht etwas wie zu wenig Berufserfahrung, fehlende Programmierkenntnisse, oder nicht genug Fremdsprachen zu sprechen. Das wären alles Punkte, an denen man arbeiten und worauf man aktiv Einfluss nehmen kann. Nicht aber so bei meiner Nationalität. Ich bin ehrlich: das frustriert mich und fühlt sich unfair an. Schließlich hat meine Leistung bzw. mein Können nichts damit zu tun, ob ich nun Deutsche bin oder nicht.
Ich bin überzeugt davon, dass sich früher oder später eine gute Stelle für mich finden wird (es sind auch nicht alle Unternehmen so). Bis dahin versuche ich diese Erfahrung als Lehre zu nehmen und zu verinnerlichen, wie es sich anfühlt, wenn man aufgrund seiner Nationalität aussortiert wird. Denn ich habe eigentlich nie darüber nachgedacht, wie es sein muss, wenn man auf der anderen Seite steht und irgendwo hilflos ist, weil man eben keinen Einfluss auf die Situation ausüben kann. Und wenn wir ehrlich sind, ist es vollkommen egal, ob jemand deutsch, australisch oder eine der vielen anderen Nationalitäten ist. Wer gut ist, ist gut. Und das sollte im Vordergrund stehen.